Wenn zwei Menschen sich für den Bund der Ehe entscheiden, teilen sie nicht nur ihre Liebe, sondern auch Träume und Hoffnungen für eine gemeinsames Leben. Doch bevor sie diesen großen Schritt wagen, kann es sinnvoll sein, einige Aspekte ihrer Zukunft in einer Ehe zu besprechen und klare, einvernehmliche Regelungen zu treffen. Die Rede ist vom Ehevertrag – ein Dokument, das oft als notwendiges Übel betrachtet wird, obwohl es viele positive Facetten haben kann. Mein Name ist Niklas Clamann, ich bin Rechtsanwalt im Familienrecht und Inhaber einer Kanzlei in Münster (Westf.) Hier habe ich mich auf die einvernehmliche Scheidung in Gestalt der Online Scheidung spezialisiert. In diesem Gastartikel möchte ich angehende Ehepaare für das Thema Ehevertrag sensibilisieren und zeigen, wie er dazu beitragen kann, eine glückliche und stabile Zukunft aufzubauen.
Welche Voraussetzungen hat ein Ehevertrag?
Ein Ehevertrag ist nur gültig, wenn er von beiden Partner:innen freiwillig unterzeichnet wird. Diese Unterzeichnung muss notariell beurkundet werden, sonst ist sie rechtlich nicht verbindlich.
Es empfiehlt sich, im Vorfeld unabhängig voneinander eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass beide Eheleute die Konsequenzen des Vertrags vollständig verstehen. Aber auch eine gemeinsame Beratung bei einem/einer Anwält:in ist möglich. Dabei können offen und ehrlich alle Zukunftsvorstellungen besprochen und unter professioneller Anleitung in einen vertraglichen Rahmen gefasst werden.
Welche Regelungen können in einen Ehevertrag aufgenommen werden?
Ein Ehevertrag kann viele verschiedene Regelungen enthalten, je nach den Wünschen und Bedürfnissen der Partner:innen. Die gängigsten Vereinbarungen betreffen:
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Die Vermögensverhältnisse. In Deutschland gilt ab der Eheschließung automatisch die Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass jede:r Partner:in sein/ihr eigenes Vermögen
behält, aber im Falle der Scheidung der gemeinsame Vermögenszuwachs (= der Zugewinn) ausgeglichen wird. Mit einem Ehevertrag kann jedoch die Gütertrennung vereinbart werden, bei der jede:r
sein/ihr eigenes Vermögen behält und keine Ausgleichspflichten entstehen. Auch die Aufteilung spezieller Vermögenswerte, etwa von Immobilien, Fahrzeugen oder Aktien, kann genau geregelt
werden.
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Die Unterhaltszahlungen. In einem Ehevertrag kann geregelt werden, wer Unterhaltszahlungen leisten muss und wie hoch diese ausfallen sollen. Dies kann auch Vereinbarungen zu
vorübergehendem Unterhalt während der Ehe beinhalten.
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Die Schulden. Die Haftung für Schulden des/der Ehepartner:in tritt nicht automatisch mit dem Ja-Wort ein, vielmehr bleiben die Schulden, die eine:r macht auch alleinige
Schulden. Im Ehevertrag kann jedoch die Verantwortung für gemeinsam aufgenommene Kredite oder Schulden festgelegt werden.
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Das Erbrecht. Ohne Ehevertrag und Testament erben die Eheleute automatisch voneinander. In einen Ehevertrag können erbrechtliche Vereinbarungen aufgenommen werden,
insbesondere wenn sie das Erbe von Kindern aus früheren Beziehungen betreffen.
- Die Haushaltsführung. Ein Ehevertrag kann schließlich auch Regelungen zur Haushaltsführung betreffen. Dabei geht es überwiegend um die Aufteilung von Einkommen und Ausgaben. Möglich sind Regelungen dazu, wer für welche Kosten verantwortlich ist, wie viel Geld für gemeinsame Ausgaben zur Verfügung stellt oder wie große Ausgaben, etwa ein gemeinsamer Immobilienkauf oder die Renovierung des heimischen Hauses, finanziert werden sollen.
Welche Grenzen sind den Eheleuten rechtlich gesetzt?
Die Eheleute können in ihren Vertrag zwar nach ihren Bedürfnissen aufsetzen, unterliegen dabei aber rechtlichen Grenzen. Beispielsweise sind Regelungen, die eine:n Partner:in finanziell
unzumutbar benachteiligen, nicht zulässig. Auch Regelungen, die die Kinderbetreuung oder das Sorgerecht betreffen, können nicht im Ehevertrag vereinbart werden, da hier das Wohl des Kindes im
Mittelpunkt steht und diese Aspekte nicht allein Gegenstand der elterlichen Vereinbarung sein sollen. Ebenso sind Klauseln, die gegen das Gesetz oder die „öffentliche Ordnung“ verstoßen,
unzulässig. Hierunter fällt etwa die Vereinbarung, dass ein:e Partner:in während der Ehe keine Arbeit ausüben darf.
Es ist wichtig, dass beide Partner:innen vollständig und ehrlich über ihre finanziellen Verhältnisse informiert sind, bevor der Ehevertrag unterzeichnet wird. Ist dies nicht der Fall oder wird eine:r unter Druck gesetzt, den Vertrag zu unterzeichnen, kann ein Gericht ihn später für nichtig erklären.
Wie lange ist ein Ehevertrag gültig?
Ein Ehevertrag ist grundsätzlich zeitlich unbefristet, er gilt also für die gesamte Ehe und darüber hinaus. Möglich sind allerdings Vereinbarungen zum automatischen Ende oder einer Anpassung bei bestimmten Ereignissen, etwa der Geburt eines gemeinsamen Kindes oder dem gemeinsamen Kauf eines Hauses. Dies kann sinnvoll sein, um sicherzustellen, dass der Vertrag der aktuellen Lebenssituation und den damit einhergehenden Bedürfnissen des Paares gerecht wird.
Für wen eignet sich ein Ehevertrag?
Entgegen der allgemeinen Vorstellung ist ein Ehevertrag nicht nur für vermögende Paare relevant. Auch Paare mit wenig bis keinem Vermögen können von einem Ehevertrag profizieren, indem sie Regelungen für den Fall einer Scheidung treffen und dadurch mögliche spätere Konflikte vermeiden. Dabei geht es nicht darum, dem/der Partner:in zu misstrauen oder die Scheidung vorab zu planen, sondern darum, ehrlich miteinander zu sein, einander zu vertrauen und eine Lösung für alle Eventualitäten zu finden.
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